Anna Adam, Jalda Rebling, Wittbrietzen, Makom , Alte Schule

Neues Leben in alter Schule Wittbrietzen: „Wir sind zum richtigen Moment vom richtigen Ort gefunden worden“

Wittbrietzen. Anna Adam und Jalda Rebling haben von der Stadt Beelitz die alte Dorfschule in Wittbrietzen gekauft und wollen mit dem Verein „Makom – Kunst & Schule“ dort Wurzeln schlagen.

Manchmal soll es einfach so sein. Für das Künstlerpaar Anna Adam (bildende Künstlerin und Diplompädagogin, 55 Jahre) und Jalda Rebling (Schauspielerin und jüdische Kantorin, 68 Jahre) sorgte eine drohende horrende Mietpreiserhöhung der Berliner Atelierräume dafür, dass sich die Frauen auf die Suche nach einer Alternative machten. Aufs Land zu ziehen war eigentlich nie eine Option, erzählen die „verpaartnerten“ Frauen. Als sich nirgends etwas Passendes finden ließ, stand Anna Adam, die sich durch den Wust von Internetimmobilienangeboten gekämpft hatte, kurz vor der Resignation. Aber dann fand sie das Bild von der Alten Schule Wittbrietzen. Es war der letzte Tag der Online-Offerte für das Haus aus den 1930er Jahren und flugs schickte sie alle Unterlagen ab. Unter rund 30 Kaufinteressenten schafften es die Frauen, sich mit ihrem Konzept bei der Stadt und dem Ortsbeirat durchzusetzen. Im Mai 2016 bekamen sie den Schlüssel, im Frühjahr zogen sie ein. Auch wenn längst nicht alle Bauarbeiten abgeschlossen sind, sitzt man heute behaglich in der guten Stube mit offener Küche über dem einstigen Luftschutzbunker.

Wittbrietzen, Makom , Alte Schule„Wir sind zum richtigen Moment vom richtigen Ort gefunden worden“, beschreibt Anna Adam das neue Glück. Die Frauen schätzen besonders „die Offenheit des Ortes“. Als sie „mitten im Dreck standen“, brachte eine Nachbarin zwei Stiegen Gurken rüber, Männer hielten an der Straße und boten Gerüste an, die Frauen können sich Werkzeug ausleihen und Anna, die Handwerkerin in der Familie, ist „wahnsinnig dankbar dafür, dass sie mit Männern schön über Bauarbeiten fachsimpeln kann“. Überall im Ort würden „total nette“ Gespräche geführt. „Wenn Jalda loszieht, Eier zu holen – das kann dauern“, berichtet Anna Adam und lacht. „Zum ersten Mal in unser beider Leben haben wir das Gefühl, dass wir angekommen sind“, sagen die Frauen, deren Enkel auch schon in den Ort verliebt ist. Was macht Wittbrietzen richtig? „Man trifft sich auf Augenhöhe. Kinder und Erwachsene werden stets mit einbezogen“, sagen die Künstlerinnen, die beruflich oft in Berlin und anderswo unterwegs sind. Freundlichkeit sei wichtig, aber man müsse auch „feine Nuancen in den Befindlichkeiten spüren und respektieren“. Deshalb stand für sie schnell fest, dass sie etwas „zurückgeben“ und für die Region tun wollen. Sie gründeten den Verein „Makom – Kunst & Schule“ am Dorfplatz 11 und starteten im Dezember 2017 mit Lesung und Musik in eine Vollmondnacht. Ortsvorsteherin Simone Spahn sagt, es sei ein richtig gutes Beispiel von Dorfintegration. Man habe die Alte Schule als ortsprägendes Gebäude auch ein stückweit öffentlich halten wollen. „Die beiden Frauen sind unkompliziert, wie es auf dem Lande auch ist. Sie bekommen und bieten selbst Hilfe an. Sie machen ihre Angebote, aber beteiligen sich auch an den anderen im Dorf. Wir sind jedenfalls begeistert und froh, dass wir sie damals ausgewählt haben“, betont Simone Spahn.

Wittbrietzen, Makom , Alte SchuleMakom heißt „Ort“ auf Hebräisch und soll Raum geben für kreative Köpfe und Ideen, Menschen aller Altersgruppen und mit jeglicher Begabung sollen Möglichkeiten bekommen, sich auszuprobieren. Bastler und Tüftler, Sport- und Tanzbegeisterte können sich in der Alten Schule ebenso treffen wie Musiker, Autoren und Schauspieler. Ausstellungen und Lesungen, Konzerte und Vorträge, Workshops und Tagungen, Probenphasen für Künstler – vieles schwebt den Frauen vor. Bildungs- und Werkstattangebote für Kinder sind geplant. Nachwuchskünstler können Starthilfe auf künstlerischem wie wirtschaftlichem Gebiet bekommen. Die Räume können zudem von Menschen genutzt werden, die ihr eigenes Projekt bei Makom realisieren wollen. Die Zusammenarbeit mit dem Förster, dem Blühstreifenverein, dem Beelitzer Buchladen von Michaela Loth sowie dem Beelitzer Kulturverein wollen die Frauen befördern. Eine Spargelkrimi-Serie haben sie im Kopf. Dem Verein „Die mörderischen Schwestern“ fällt dazu bestimmt was Spannendes ein. Viel mehr müssten junge Autorinnen noch in die Öffentlichkeit. Zum Schreiben sind sie in der Alten Schule willkommen.

Die Alte Schule mit rund 250 Quadratmetern bietet Privatsphäre, aber auch einen Nebenraum für Kulturangebote. Proppenvoll war dieser beispielsweise schon bei der Lesung von Marion Brasch. Platz ist noch für das Försterbüro und den Seniorensport. Ein etwa 180 Quadratmeter großes Nebengebäude wird ökologisch ausgebaut für Atelier und Werkstatt und bekommt ein Gründach. Ein Öko-Garten mit Hochbeeten ist im Entstehen. Ins ausgebaute Dachgeschoss wird eine Gästewohnung integriert. Schon jetzt würden Schauspieler-Kollegen gern nach Wittbrietzen zum Proben und Ideenschmieden kommen, sagt Jalda Rebling. Und sie selbst sind „nun immer grummelig, wenn wir wieder nach Berlin müssen“.

Info: Zum Vormerken: 17.11.2029 „Happy Birthday, Lady McLippgloss!“, Geburtstagskrimi zum Geräusche-Mitmachen von und mit Martina Arnold und Sarah Michelis, die Mörderischen Schwestern e.V., und am 1.12.2019 Weihnachtskrimi mit Gesang

Kontakt: info@makom-kunstundschule.de; Telefon: 033204/616780

(Claudia Krause / Artikelfoto: Anna Adam (l.) und Jalda Rebling)

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